Neues aus... KopfsachenNews

Kopfsachen: Warum uns ständige Empörung schwächt, und ein Lächeln uns stärkt

„Sagt, ist noch ein Land außer Deutschland, wo man die Nase eher rümpfen lernt als putzen?“ (Georg Christoph Lichtenberg)

Permanent empört und schockiert

Wer hier und heutzutage als intelligent gelten möchte, tut gut daran, in Interviews oder Talkshows immer etwas melancholisch zu wirken. Wer seinen Weltschmerz offen präsentiert, dem unterstellt man gemeinhin nämlich eine gewisse Intellektualität. Noch besser ist ein Ausdruck maximaler Empörung, mit der man selbst kleine Abnormalitäten, die es in die Schlagzeilen geschafft haben, zu mittleren „Katastrophen“ erklärt. Das permanente „schockiert sein“ und das „entsetzt sein“ ist heute leider ein äußerst opportunes Grundprinzip geworden, die Welt wahrzunehmen und sie zu beurteilen. Ausgelassener Freude und Heiterkeit haften dagegen eher der Eindruck einer leichten Unbedarftheit an. Wer angesichts der großen Probleme in der Welt noch lachen kann, gilt als naiv, wenn nicht gar als dümmlich. Er hat die Probleme entweder nicht verstanden, oder er erklärt sich mit dem kollektiven Leid unsolidarisch.

Eine humorvolle Gelassenheit ist jedoch nicht das Gegenstück zur Ernsthaftigkeit. Vielmehr ist sie ein wichtiges Korrektiv. Der englische Philosoph Anthony Ashley Cooper, Earl of Shaftesbury, war sogar der Überzeugung, dass die Menschen unbedingt über das Tagesgeschehen lachen sollten. Das würde helfen, die Perspektive zu wechseln und dadurch zu einer alternativen Sicht bzw. Neubewertung zu gelangen. Shaftesbury sah Humor in diesem Zusammenhang als wichtiges Instrument demokratischer Zivilgesellschaften und forderte sogar den sog. „Test of ridicule“ („Lächerlichkeitstest“), dem sich alle Dinge unterziehen sollten.

Nehmen wir uns nicht immer so ernst

Seine Forderung mag (zu) radikal sein, aber den Grundgedanke halte ich für richtig: Genau wie Literatur, Kunst und Musik schaut nämlich auch Humor durch eine alternative Brille auf das, was uns sorgt und belastet. Das kann unsere Sicht verändern. Noch stärker wirkt in diesem Zusammenhang die Satire. Ein leichter Spottgesang wird zu einem nützlichen Prüfstein für Politik und Gesellschaft: Ist der eingeschlagene Weg wirklich vernünftig? Ist es überhaupt die einzig denkbare Sichtweise? Oder könnte man es auch anders sehen? Ein solcher Perspektivwechsel kann bei der Wahrheitssuche behilflich sein, weil so Dinge aufgedeckt werden, die andernfalls vielleicht der eigenen Wahrnehmung verborgen geblieben wären.

Wir wären also gut beraten, uns auch im politischen Diskurs nicht immer so extrem ernst zu nehmen. Das macht uns nicht naiver und weltfremder, sondern zunächst einmal weniger verkrampft. Und es macht uns offen für Alternativen. Den Geschehnissen in der Welt, aber auch und vor allem seiner eigenen Meinung, seiner Überzeugung und seinen Gedanken und Gefühlen humorvoll zu begegnen, bedeutet immer einen Zugewinn, u.a. weil wir Fehler erkennen, Übertreibungen entlarven und uns dadurch neue Zugangswege erschließen, die der Wahrheit oft viel näher zu kommen als Empörung und Daueraufregung. Der Schriftsteller Hermann Hesse legte seinem Pablo in seinem berühmten Roman Steppenwolf einst den schönen Satz in den Mund: „…aller höhere Humor fängt damit an, dass man die eigene Person nicht mehr so ernst nimmt.“

 

Humor gleicht uns aus

Das hat zu guter Letzt auch Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Nicht nur Stress und körperliche Anstrengung sind kräftezehrend; auch ein Mangel an Humor kann zur seelischen Erschöpfung eines Menschen beitragen: Stellen Sie sich Ihre Psyche wie eine Wippe vor. Auf der einen Seite „lastet“ das Schwere in Ihrem Leben. Folglich brauchen Sie auf der anderen Seite einen Ausgleich, um wieder in ein Gleichgewicht zu kommen. Humor ist eines der effektivsten Gegengewichte! Das ist ein ganz entscheidender, oftmals unterschätzter Punkt. Im Leben kommt es nämlich nicht so sehr auf die Gewichte selbst an, die wir tragen (müssen), sondern vielmehr darauf, wie sie verteilt sind. Die Kunst besteht in einer guten Balance. Der griechische Philosoph Demokrit nannte es „symmetrisches Leben“, also die Fähigkeit und die Bereitschaft, Belastungen immer wieder durch Entlastungen auszugleichen.

Humor ist hier äußerst hilfreich. Er entlastet, weil er zum Ventil für aufgestaute Emotionen wird. Er löst innere Spannungen, weil er Widersprüche schafft und aufdeckt, die den Dingen ihren Schrecken nehmen. Er schenkt verrückte Einfälle, weil er eine andere Blickrichtung bietet, aus der wir auf die Dinge schauen. Die alternative Draufsicht führt zu einer neuen Einsicht. Das alles kann sehr entlastend sein – und uns der Problemlösung viel näher bringen, als Pessimismus und brüllendes Echauffieren. Dafür müssen wir allerdings bereits sein, unser empörtes ICH ruhig zu stellen. Erst dann wird die leise Stimme feinen Humors auch wieder hörbar.

Lächeln statt Lachen

Die „Lautstärke“ spielt beim Humor keine Rolle. Humor meint nämlich nicht, lauthals zu lachen. Ein Lächeln kann völlig ausreichend sein, um inneren Ausgleich zu finden und in Balance zu kommen. Ein Lächeln, mit dem ich über meinen schmerzvollen Tellerrand hinwegsehe. Ein Lächeln, mit dem ich manche Dinge im Leben barmherziger beurteile, auch wenn sie nicht meinen Überzeugungen entsprechen. Und schlussendlich ein Lächeln, durch das es mir gelingt, lockerer mit mir und meinen Mitmenschen umzugehen. Nicht, weil mir die Probleme dieser Welt egal sind, sondern weil ich weiß, dass viele Dinge den maximalen Wind gar nicht wert sind, der heute um sie gemacht wird. Und weil ich weiß, dass weniger Verbissenheit und Rechthaberei, dafür aber mehr Wohlwollen und Leichtigkeit im politischen Diskurs sowie im zwischenmenschlichen Miteinander tagtäglich dazu beitragen, dass sich die meisten Dinge im Leben letztlich zum Guten wenden.

Wie brachte es der große Friedrich Schiller einmal so wunderschön zu Papier? „Es kommt der Tag, der alles lösen wird“.

Kämpfen wir mit Kraft und Entschlossenheit für diesen Tag. Aber begegnen wir ihm mit einem Lächeln im Gesicht…

 

 

Warum uns Empörung schwächt, und Lächeln uns stärkt

Beitragsbild Kopfsachen: Mehr Leichtigkeit in schweren Zeiten

Es wäre mir eine große Ehre und Freude, wenn ich Sie künftig mitnehmen dürfte auf meine Reise durch die Welt von Geist und Gehirn.

Schauen Sie doch mal hier:

Ich freue mich riesig, wenn Sie diesen Beitrag teilen.

Menü